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THE PLACE TO BE

  • Gabriele Lutterbeck
  • 21. Juli
  • 3 Min. Lesezeit

– von der Intervention, der dritten Dimension –

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Neben dem Konzept einer Werkgruppe und den dazu verwandten Techniken ist die Wahl des Ausstellungsortes für meine Arbeiten unabdingbar wichtig. Er ist entweder Ausgangspunkt für eine Werkgruppe oder wurde gezielt für eine Ausstellung ausgesucht, soll er doch der Arbeit mehr Gewicht verleihen und ihren Inhalt verstärken.

 

So gab es beispielsweise eine Installation „Aus Wald & Flur“ im ausgeräumten Elternhaus nach dem Tod des Vaters in Wachtberg-Pech mit Bildern der „Schuhe meines Vaters“ und dem „Haarteil meiner Mutter“. In „Once Upon a Time“ wurde die skurrile Nibelungenhalle in Königswinter Schauplatz von psychologisch aufgeladenen Märchenmotiven und „Leftovers – Hinterlassenschaften Toter“ fand in der Evangelischen Pauluskirche in Bonn-Bad Godesberg statt, inklusive zweier Gottesdienste mit Pfarrer Siegfried Eckert und dem Einspielen der Hymne „Niemals geht man so ganz“ von Trude Herr. Eins der dort ausgestellten Motive bezieht sich auf ein sogenanntes „Familiendrama“ mit sechs Toten Ende der 1970er Jahre in Bad Godesberg und zeigt die Villa, in der die Gewalttat begangen wurde. Ebenfalls in einer Kirche, der Evangelischen Lutherkirche in Köln, wurden anläßlich der Tagung der Kriegsenkel in „Broken Flowers“ die Befindlichkeiten der in den 20er und 30er Jahren geborenen Kriegskinder in Zeichnungen und Aquarellen bebildert.


Die Bilderserie „Schläfer“ mit Motiven schlafender Kinder aus dem Internet (zur Ausstellung in Privatwohnungen bestimmt) verweist auf die Tatsache, dass Übergriffe vorwiegend in der unmittelbaren Lebensumgebung der Opfer stattfinden. „Private Rooms“ thematisierte in den bewohnten Lebensräumen eines Gründerzeit-Altbaus im Belgischen Viertel in Köln unterschiedliche jeweils auf die Bewohner reagierende Inhalte. Die marloweske Behausung eines Gerichtsmediziners beispielsweise wurde mit Bildern ermordeter Kinder (nach Vorlagen aus einem historischen Fotoarchiv) bespielt. Die Werkgruppe „Henkersmahlzeiten“ mit „Mustertellern“ letzter Mahlzeiten zum Tode Verurteilter in den USA hing in einem beliebten Bonner Café über selbstgebackenen Torten. Und in der berühmten Brücke von Remagen wies die Werkgruppe „Goldene Meile“ zu ihrem Ende durch ein offenes Fenster direkt auf den dargestellten historischen Ort am gegenüberliegenden Rheinufer, ein ehemaliges Gefangenenlager, das heute ein romantischer Campingplatz ist.


Auch der Bonner Bunker war bei der Ausstellung „Licht in den Bunker“ Schauplatz einer Dia-Projektion mit Motiven der im Berliner Bunker umgekommenen Familie Goebbels. In „We are Family“ wurde im Frank Loebschen Haus in Landau in der Pfalz (ehemals das Wohnhaus des Urgroßvaters von Anne Frank, Zacharias Frank) gleich eine komplette Dia-Schau aufgeführt mit gemalten Familien-Aufstellungen berühmter Familien, deren zum Teil tragische Abgründe ansatzweise griechischen Göttersagen ähneln, wobei das Klacken des Kodak-Carousels gleichzeitig die Geräuschkulisse der Paparazzi insinuierte. Genannt seien an dieser Stelle nur einige der Familien, wie die Kennedys, die Hemingways, die Kinskis, Helmut und Hannelore Kohl oder die Winehouse Family. „Zauberberg – Illustriertes Tagebuch einer Krebserkrankung“ fand unter anderem in der Obhut der ehemaligen Räume der onkologischen Janker-Klinik in Bonn statt und „Diaries – sometimes happy, sometimes sad“, Aquarelle mit intimen Momenten des Glücks und Liebesbeweisen schlüpfte in den Räumen eines psychologischen Praxis im Kölner Süden unter. Zu guter Letzt: In den Privaträumen der Schwester wurden alle Bilder abgehängt und ausschließlich durch vierzehn Porträts von ihr ersetzt, die ihr ganzes Leben von Anbeginn bis zur Krebserkrankung zeigen. In diesem Fall war sogar die Porträtierte als Bewohnerin des Ausstellungsraumes und Gastgeberin Teil der Intervention und dabei der Rezeption im eigenen Lebensraum täglich ausgesetzt. Eine für sie selbst und die Geladenen außergewöhnlich intime und besondere Erfahrung.

 

Die Wahl der Orte verstärkt den Effekt des Vexierens der Bilder mit ihren Inhalten durch das Verschmelzen mit der Umgebung, dem Locus - der Erweiterung des Denkraumes und dem körperlichen Erleben in aufgeladener Sphäre.


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